Von der (Un-) Möglichkeit die Saison fortzusetzen

Gedankenspiele des Südbadischen Fußballverbands

Bei all der berechtigten Sorge um die existenziellen Auswirkungen, die die Corona-Pandemie für uns alle haben wird, beschäftigt die Fußballfreunde der Region und selbstverständlich auch die Verantwortlichen der Vereine die Frage, ob, wie und vor allem wann wieder Fußball gespielt und, ebenso wichtig, live auf den Sportplätzen der Region angeschaut werden kann. Der Südbadische Fußballverband (SBFV) organisierte in der vergangenen Woche Telefonkonferenzen mit den Vereinen in seinem Einzugsgebiet, um sich einerseits die Meinungen der Betroffenen anzuhören, andererseits aber auch über den aktuellen Stand der Überlegungen zu informieren.

Die Ausgangssituation
Der Spielbetrieb ist seit dem 14. März 2020 unterbrochen. Aufgrund der Vorschriften der Bundes- und der Landesregierung sind seither auch keine Trainingseinheiten mehr möglich. Ein Termin, zu dem sich dieser Zustand wieder ändern könnte, ist nicht absehbar. Neben der Tatsache, dass Fußball eine “Vollkontakt”-Sportart ist, die vorgeschriebenen Abstände zwischen zwei Menschen bei der Ausübung des Sports mithin nicht eingehalten werden können, ist das Verbot von “Großveranstaltungen” eine weitere Hürde auf dem Weg zur Normalität.

Der Verband und die Vereine sind sich einig, dass so genannte “Geisterspiele” im Amateurbereich keinen Sinn machen. Auch ist allen Beteiligten klar, dass es nicht mehr möglich sein wird, die Saison wie geplant bis zum 30.06.2020 zu beenden.

Spielräume bestehen für die Verbände hinsichtlich der Verlängerung der aktuellen und dem Start der nächsten Spielzeit, der Veränderung von Wechselfristen für Spieler etc. .

Die Handlungsalternativen

a) Vorzeitige Beendigung der Saison OHNE Wertung der bislang ausgetragenen Spiele

Auf den ersten Blick scheint die Möglichkeit, so zu tun, als hätte man in dieser Saison gar nicht gespielt, die naheliegendste zu sein, da so alle Vereine gleich behandelt würden. Andere Sportarten haben sich bereits für diese Variante entschieden. Angeblich wird diese Alternative insbesondere von vielen Vereinen der Oberliga befürwortet, da diese überwiegend Vertragsamateure beschäftigen, die auch während der spielfreien Zeit bezahlt werden müssen. Negativ betroffen sind die Vereine, die sich zum Zeitpunkt der Saisonunterbrechung eine gute Tabellenposition erarbeitet haben und sich berechtigte Aufstiegshoffnungen machen durften, die bei einem Abbruch der Saison ohne Wertung der bislang erzielten Ergebnisse hinfällig wäre. Zudem ist es überaus fraglich, ob die kommende Saison 2020/2021 im August starten kann. Ein Saisonbeginn erst im Oktober oder November 2020 würde dann vermutlich dazu führen, dass es zwei aufeinanderfolgende Spielzeiten gibt, die nicht ordnungsgemäß ablaufen werden.

b) Vorzeitige Beendigung der Saison MIT Wertung der bislang ausgetragenen Spiele

Davon abgesehen, dass es mehrere Möglichkeiten gibt, die bislang erzielten Zwischenergebnisse der einzelnen Staffeln in entsprechende Endergebnisse umzurechnen – Tabellenstand zum Ende der Hinrunde, aktueller Tabellenstand oder Hochrechnung des in den absolvierten Spielen erreichten Punkteschnitts pro Spiel auf die noch auszutragenden Spiele dieser Saison – tut sich der Verband bei dieser Alternative schwer, die sich dann ergebende Auf- und Abstiegsregelung festzulegen. Dies wiederum birgt die erhebliche Gefahr, dass einzelne Vereine klagen, sollten sie sich bei der Bewertung ihres Saisonergebnisses nicht korrekt behandelt fühlen. Die gerüchteweise kuriserende Version, nur Auf- aber keine Abstiege zuzulassen, würde zu erheblich aufgeblähten Staffeln führen, was wiederum insbesondere dann zum Problem werden kann, wenn – siehe Alternative a) – die neue Saison erst im Herbst 2020 starten kann.

c) Fortsetzung der Saison “wann auch immer”

Eine Fortsetzung der laufenden Saison zu dem von der Politik vorgegebenen Zeitpunkt würde bedeuten, dass alle Vereine und Mannschaften das erhalten, was ihnen vor der Spielzeit versprochen wurde: eine komplette Fußballsaison. Die bisher erzielten Ergebnisse würden beibehalten und die Saison würde wahrscheinlich so enden, wie es auch „ohne Corona“ der Fall gewesen wäre. Die Verträge mit Sponsoren könnten erfüllt werden und selbst eine noch lange andauernde Pause würde einen ordnungsgemäßen Verlauf der Restsaison nicht gefährden, schlimmstenfalls würde die Folgesaison 20/21 ausfallen. Die Vereine und Trainer könnten mit den bestehenden Spielerkadern planen, da Wechselfristen für Spieler angepasst würden. Was sich bis hierhin logisch anhört, hat allerdings einen entscheidenden Haken: sie lässt sich nicht auf den Jugendfußball übertragen, wo die Spieler ab dem 01.07. in die nächst höhere Altersklasse wechseln. Und Geburtsdaten lassen sich nun mal von keinem Verband der Welt anpassen, auch nicht wegen einer Pandemie.

Alle (Un-) Klarheiten beseitigt ?

Der SBFV ist darum bemüht, kurzfristig zu entscheiden, wie vorgegangen wird, damit seine 700 Mitgliedsvereine Planungssicherheit haben. Grundsätzlich erwünscht ist eine bundeseinheitliche Lösung. Dafür müssten sich aber 21 Landesverbände einigen, die wiederum eine fünfstellige Anzahl von Vereinen repräsentieren. Das erscheint utopisch, da schon innerhalb der Vereine im SBFV völlig unterschiedliche Meinungen und Ansichten bestehen und am Ende ja auch Landesbehörden und Kommunen ein gewichtiges Wort mitzureden haben, wenn es um die Erlaubnis geht, öffentliche Sportveranstaltungen wieder zuzulassen. Hoffen wir, dass es dennoch zeitnah eine Entscheidung gibt und vor allem, dass wir uns bald wieder auf den Sportplätzen der Region treffen können.

Renzo Düringer